Villae Rusticae - Die Einzelgehöfte
Einzelne Gutshöfe - villa oder villa rustica genannt - erschlossen das Hinterland der Städte und Dörfer. Anders als heute handelte es sich bei diesen "Villen" um landwirtschaftliche Betriebe, die vor allem Ackerbau und Viehzucht betrieben und durch eine Mehrproduktion die umliegende Region mit ihren Produkten versorgten. Verkauft wurden Getreide, Gemüse,
Obst, Milch, Fleisch und manchmal auch handwerkliche Produkte aus eigener Produktion. Wo es möglich war, betrieb man auch den Abbau und die Weiterverarbeitung von Bodenschätzen, wie z.B. Stein- oder Metallvorkommen. Die einzelnen Villen waren in ihrer Größe sehr unterschiedlich. Es gab sehr große, prunkvoll ausgestattete Anlagen mit einem Haupt- und mehreren Nebengebäuden. Daneben gab es mittlere und kleinere Gehöfte, die möglicherweise in Abhängigkeit zu den großen Villen standen. Letztere waren aufgeteilt in pars urbana (städtischer Bereich) und pars rustica (landwirtschaftlicher Bereich). Die pars urbana beinhaltete das Wohn- und Verwaltungsgebäude, das häufig mit Mosaiken, Wandmalerei und anderen repräsentativen Einrichtungen ausgestattet war. Diese Einrichtung orientierte sich an den gängigen Standards der reichen Häuser in den großen Städten, insbesondere Roms. Die Villa von Bad Kreuznach, die 1893 entdeckt und in den 1970er Jahren systematisch ergraben wurde, ist ein Beispiel für das Hauptgebäude eines großen Gutshofes in den Nordwestprovinzen. Dort sind heute noch zwei Mosaike mit Gladiatorenszenen bzw. Meeresthematik von hervorragender Qualität zu besichtigen, die zwei Räume der Villa zierten und sicherlich repräsentative Funktionen hatten. In Borg im Saarland hat man das Hauptgebäude einer Villa in Originalgröße wieder aufgebaut. Es zeigt einen typischen Grundriss mit einem quergelagerten Mitteltrakt und zwei an den Seiten vorspringenden Flügeln und bietet einen guten Eindruck von der Größe einer solchen
Anlage. Zu solch großen Gutshöfen gehörte auch ein eigenes Gräberfeld, wo zur Repräsentation oftmals sehr aufwendige Grabmäler errichtet wurden. Auf dem Gelände der Villen finden sich häufig auch eigene kleine Tempelanlagen. Eines der äußerst seltenen Beispiele für eine Anlage, zu der ein Gräberfeld und ein Tempel entdeckt werden konnten, ist die Villa von Newel in der Nähe von Trier. Dort konnte ca. 90 m von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden entfernt ein Gräberfeld freigelegt werden, das direkt an der Straße angelegt worden war. Dort hatten die Besitzer der Villa vier Hügelgräber (tumuli) sowie ein Grabdenkmal und an den Grabbezirk angrenzend einen gallo-römischen Umgangstempel errichten lassen. Diese Bauten waren für jeden Vorbeikommenden nicht zu übersehen und verwiesen auf den Reichtum und das kultivierte Ambiente der Villenbewohner.
Der Gutshof bei Fraukirch war als Axialhofanlage angelegt, das heißt links und rechts von dem Hauptgebäude standen symmetrisch aufgereiht Nebengebäude - stattliche 14 an der Zahl. Eine kleinere Variante einer Villa Rustica war eine Streuhofanlage, die im heutigen Mayener Stadtwald entdeckt wurde. Die Nebengebäude, in denen oftmals das Personal eines Hofes untergebracht war, befanden sich über den Hof verstreut.
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