Nutzung der Wasserkraft
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Wasserräder und Wassermühlen
Schon vor fünftausend Jahren drehten sich am Nil in Ägypten oder am Euphrat in Mesopotamien die ersten Wasserräder. Es waren Schöpfräder, die das Wasser aus einem Fluss schöpften, um damit die umliegenden Felder zu bewässern.
Wasserrad des Philon
Der griechische Wissenschaftler und Techniker Philon von Byzanz unterschied um 250 v.Chr. zwischen zwei Typen von Wasserrädern. Beim unterschlächtigen Wasserrad taucht der untere Teil mit seinen Wasserschaufeln in das fließende Wasser ein. Beim oberschlächtigen schießt das Wasser von oben in die Wasserschaufeln. Er beschreib auch eine mittels eines unterschlächtigen Wasserrads angetriebene Schöpfanlage. Bei dieser Schöpfanlage des Philon von Byzanz wird das Drehmoment des Schaufelrades auf eine durch eine Welle beweglich gelagerte Kette mit einer dreieckigen Trommel am oberen Teil der Kette übertragen. Die Drehung dieser Trommel beförderte die wassergefüllte Eimerkette nach oben, wo sie sich das Wasser aus den Eimern in eine höher gelegene Wasserleitung entleerte. So diente das Fördergut selbst auch zum Antrieb. Eine frühes Beispiel für die Nutzung von Synergieeffekten. In Illyria (dem späteren Jugoslawien und Albanien) sowie in Westanatolien soll es bereits 100 v.Chr. wasserbetriebene Kornmühlen gegeben haben.
Um 65 v. Chr. spricht der römische Autor Lucretius (etwa 98 - 55. v. Chr.) in seinem Gedicht "Über die Natur des Universums" ebenfalls von einem Schöpfeimerwerk, das von einem Wasserrad angetrieben wird. Die Römer setzten solche Noria genannten Schöpfräder vor allem in Kombination mit ihren Aquädukten ein. Sie hatten einen Durchmesser von bis zu 30 Metern. Der griechische Geograph Strabon berichtet im 1.Jrh. v.Chr. vom König von Pontos Mithridates VI., der bei Kabera eine Wassermühle errichten lassen hat.
Noria am Orontes (bei Hama, Syrien)
Zwei der hölzerne Wasserräder, der sogenannten Norias ("der singenden Wasserräder")
Es soll sich dort allerdings um ein Wasserrad gehandelt haben, das waagerecht im Fluss lag und eine senkrechte Achse hatte, mit der ein Mühlstein gedreht wurde. Die Römer bevorzugten nach Vitruv jedoch das aufrecht laufende Wasserrad mit einer waagrechten Welle. Solche Anlagen wurden als Antriebe für Getreidemühlen verwendet. Daraus entwickelte sich in hellenistischer und republikanischer Zeit das neue Berufsbild des Müller sowie des Bäcker. Bis um 170 v.Chr. wurde das Brot in Rom noch von den Bürgern selbst gebacken. Die sehr wahrscheinlich weltweit ältesten noch in Betrieb befindlichen Maschinen überhaupt sind die römischen Wasserräder am Orontes bei Hama in Syrien. Schon seit mehr als 1.500 Jahren schöpfen die 15 bis zu 20 großen Wasserräder das Wasser ununterbrochen (!) aus dem tiefer gelegenen Orontes in angeschlossene Aquädukte.
Mühlen von Barbegal nahe Arles (F)
Schematische Darstellung der antiken Großanlage
In Flüssen aufgestellte oder von Wasserleitungen beschickte Wasserräder betrieben also schon in der Antike die Wassermühlen. Bei Arles in der Provence wurde eine Großanlage aus kaskadenförmig nacheinander an einem Hang angeordneten einzelnen Wassermühlen gefunden. Das Gefälle am Hang betrug nahezu 30 %, so dass das Wasser eine sehr große Kraft entwickeln konnte. Die dadurch gewonnene Energie wird auf 30 bis 40 kW geschätzt. Die Anlage war auf beiden Seiten mit je 8 Wasserrädern versehen. Das Wasser lief beiderseits über jeweils acht 2,60 m hohe Stufen hinab und mündete am Ende in zwei Kanälen, die letztendlich noch eine Färberei mit dem benötigten Wasser versorgten. Die Wasserzufuhr zur Anlage von Barbegal wurde durch eine Zuleitung sichergestellt, die von der Wasserleitung nach Arles abgezweigt wurde. Vermutlich gab es im gesamten Imperium zahlreiche Wassermühlen ähnlicher Konstruktion, jedoch sind weitere archäologische Nachweise sehr selten. Die Anlage von Barbegal stammt aus dem Ende des 3. bzw. vom Anfang des 4.Jrh. und damit aus einer Zeit großer Knappheit an Arbeitskräften. Angesichts dessen ist der sehr große technische und materielle Aufwand bei dieser spätantiken Anlage zu verstehen. Täglich konnten mit dieser Anlage schätzungsweise 2,5 Tonnen Getreide verarbeitet werden. Damit war die Versorgung der Bürger des spätantiken Arles sichergestellt.
Eine interessante Anwendung des Wasserrades sind die schwimmenden Mühlen. Erfunden wurden sie während der Belagerung Roms durch die Goten 537 n.Chr. von dem oströmischen Feldherrn Belisar. In jener Zeit wurden die meisten Wassermühlen in Rom durch Wasser aus den Aquädukten betrieben. Die gotischen Belagerer zerstörten diese Wasserzufuhr, um die Römer auszuhungern. Daraufhin ließ der oströmische Feldherr auf dem Tiber schwimmende und mit Wasserrädern ausgestattete Barken erbauen, die am Ufer des Tiber verankert waren. So konnte wieder Mehl gemahlen und eine drohende Hungersnot abgewendet werden. Die Goten wollten diese Barken zerstören und ließen Baumstämme den Fluss hinab treiben. Aber durch eine zusätzliche Kette wurden auch dies verhindert.
Wasserdampf
Trotz der Kenntnis von Kolben und Zylindern sowie der Kenntnis der Kraft des Wasserdampf brachten es die römischen Ingenieure nicht bis zur funktionierenden Dampfmaschine. Es blieb letztendlich bei den Versuchen des Heron von Alexandria mit dem sogenannten Heronsball.